Portrait Bruno Taut (1880 - 1938)
Bruno Taut (1880 - 1938)

Architekturkonzept und Farbenlehre

Das Haus des Deutschen Verkehrsbundes am Engeldamm 70 / Michaelkirchplatz 1 und 2 wurde lange Jahre dem Architekten Max Taut zugeschrieben, tatsächlich gehört es aber zu den wenigen öffentlichen Gebäuden im Werk des bekannten Bauhaus-Mitglieds Bruno Taut.

Das Gewerkschaftsgebäude entstand in der Zeit von 1927 bis 1932, die Diskussion über die „Autorenschaft“ der Immobilie basiert auf der Tatsache, dass ab März 1932 – während eines längeren Moskauaufenthalts seines Bruders Bruno – Max Taut die Fertigstellung der Liegenschaft nach den Plänen seines Bruders übernommen hat.

Portrait Max Taut (1884 - 1967)
Max Taut (1884 - 1967)

Die repräsentative Formgebung in einem eher zeittypischen Design war ein ausdrücklicher Wunsch des Auftraggebers und wich ein wenig von der ursprünglichen Idee Bruno Tauts ab, einen viergeschossigen Rechteckkörper zu konzipieren, der die Funktionalität des Gebäudes zum Ausdruck bringen sollte.

Der letztlich realisierte Bau besticht durch seine Rundung, die breiten, fließenden Brüstungsbänder und erinnert daher sehr an die eleganten Geschäftshäuser der Zeitgenossen Tauts, den Architekten Erich Mendelsohn und Hans Poelzig, der u. a. das „Haus des Deutschen Rundfunks“ in der Berliner Masurenallee konzipiert hat, sowie Emil Fahrenkamp, der 1932 das „Shell-Haus“ am Reichpietschufer fertigstellte. Am Engelbecken entstand durch die Gebrüder Bruno und Max Taut so ein Monument des Neuen Bauens, eine in den 1920er Jahren als architektonische Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit begründete Schule.

Farbfächer, Bruno Taut (Matt-Farben)
Farbfächer, Bruno Taut (Matt-Farben)

Farbgebung

Die ursprüngliche Farbgebung des Hauses des Deutschen Verkehrsbundes – die mit Muschelkalkplatten versehenen Brüstungen waren sehr dunkel, während die Fester in Weiß gehalten wurden – stellte eine Referenz an Bruno Tauts Farbkonzept dar. Bereits in seinen Siedlungsbauten, durch die der Architekt zu internationalem Ruhm gelangte – so wurde die Berliner Hufeisensiedlung am 07.07.2008 von der Unesco in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen – , sollte der Einsatz von Farbe „zu wirklichem Leben führen“. Die spezielle Tautsche Farbpalette zählt mit ihren teilweise auch matten Kolorierungen zur expliziten Farbsystematik der Moderne. Wie bereits seit der Architektengruppe De Stijl, die sich weitgehend auf die Primärfarben beschränkte, ist die Farbe bei Taut nicht Dienerin der Architektur, sondern deren organisches Ausdrucksmittel.

Farbe gelangte in das Haus des Deutschen Verkehrsbundes auch durch die Arbeiten des Bildhauers Rudolf Belling, der den Versammlungssaal der Gewerkschaft mit sechs friesartigen Reliefs als Rahmung des Raumkubus versah. Dieser sog. Taut-Saal ist – leider ohne diese bildhauerischen Arbeiten – bis heute als Herzstück des spektakulären Gebäudes erhalten geblieben und gilt in der Literatur über den Architekten als eine seiner eindrucksvollsten Raumschöpfungen.

Taut-Haus, Entwurf von Bruno Taut, um 1926
Entwurf von Bruno Taut, um 1926
Sitzungssaal mit Relief von Belling 1932
Sitzungssaal mit Relief von Belling 1932
Taut-Haus, Straßenansicht, um 1932 © Max Taut Archiv
Straßenansicht, um 1932 © Max Taut Archiv